"Führung ist die wert-, ziel- und ergebnisorientierte, aktivierende und wechselseitige soziale Beeinflussung zur Erfüllung gemeinsamer Aufgaben in und mit einer strukturierten Arbeitssituation“ weiß die Wissenschaft.
Situative Führung legt einen besonderen Fokus auf die Situation, in der Führung stattfinden soll und verknüpft diese mit dem Führungserfolg, d. h. der Führungsstil wird praxisnah an die jeweilige Situation angepasst und verändert sich mit ihr. Ein- und dasselbe Führungsverhalten wird also - ja nach Situation - zu unterschiedlichen Ergebnissen führen.
Und was heißt das praktisch?
In der Praxis ist zunächst die Situation zu analysieren, um daraus den Führungsstil abzuleiten, der am besten geeignet ist, um die angestrebten Ziele zu erreichen.
Dazu bedarf es eindeutiger Kriterien und Merkmale:
Sieben Fragen zur Situationsanalyse
1. Wieviel Zeit steht in der Situation zur Verfügung? Besteht Zeitdruck?
2. Wie komplex ist die Arbeitsaufgabe?
3. Handelt es sich um motivierende Aufgaben?
4. In welcher Machtposition befindet sich die Führungskraft?
5. Sind die Geführten von der Mitgliedschaft in einem Team abhängig?
6. Wie sieht die Beziehung zu den Geführten aus?
7. Welche Führungskultur herrscht im Unternehmen grundsätzlich?
Aus den Situationsmerkmalen lassen sich Empfehlungen für die Gestaltung der Führung ableiten:
Führung unter Zeitdruck
Unter Zeitdruck bleibt der Führungskraft häufig nichts anderes übrig, als einen aufgabenorientierten Führungsstil zu praktizieren. Dies führt allerdings zu autoritären Entscheidungen. In der Folge wird es für die Mitarbeitenden schwieriger, Eigenverantwortung zu zeigen. Potenziale können nicht genutzt werden und die Motivation sinkt. Wer dies vermeiden will, sollte vorab dafür sorgen, den Zeitdruck so gering wie möglich zu halten.
Führung bei komplexen Arbeitsaufgaben
Je komplexer die Arbeitsaufgaben sind, desto mehr werden das Fachwissen und die Kompetenz von Experten erforderlich. Die Führungskraft wird also auf einen mitarbeiterorientierten und partizipativen Führungsstil zurückgreifen.
Hilfreich ist es hier, komplexe Aufgaben bereits im Vorfeld so weit wie möglich zu entzerren und die Kompetenz der jeweiligen Mitarbeitenden zu fördern, damit sie in der Lage sind, auch komplexe Aufgaben eigenständig zu lösen.
Führung bei Arbeitsaufgaben mit geringem Motivationspotenzial
Geringes Motivationspotenzial der Arbeitsaufgaben erfordert einen stark aufgabenorientierten Führungsstil und ein hohes Maß an Kontrolle der Mitarbeitenden, was die Führungskraft jedoch stark beansprucht. Geeignetes Mittel zur Veränderung der Situation ist es hier, die Arbeitssituation durch motivierende Aspekte zu ergänzen.
Das Machtpotenzial von Führungskräften
Macht an sich fördert das Potenzial von Führung, auch dann, wenn diese Macht gar nicht aktiv gezeigt wird und die Führungskraft partizipative Führungsstile bevorzugt. Führungskräfte sind daher in der Regel immer bestrebt, ihre Macht weiter auszubauen.
Die Abhängigkeit der Teammitglieder untereinander
Besteht unter den Teammitgliedern nur eine geringe Abhängigkeit und eine vergleichsweise geringe Bindung an das Unternehmen, kann dies durch einen stark mitarbeiterorientierten Führungsstil ausgeglichen werden.
Die Beziehung der Führungskraft zu den Geführten
Führung gelingt besser, wenn Führungskraft und Geführter in einer guten Beziehung zueinander stehen. Ist dies nicht der Fall und kann dies nicht verändert werden, wird die Führungskraft auf einen autoritären Führungsstil zurückgreifen, um die Unternehmensziele durchzusetzen. Aufgabenorientierung und Kontrolle werden dann das Miteinander bestimmen.
Die Normen der Unternehmenskultur
Letztlich muss der Führungsstil der aktuellen Unternehmenspraxis entsprechen.
Welche Vorteile bietet ein situativer Führungsstil?
Situative Führung ermöglicht eine hohe Flexibilität und ermöglicht es, den Bedürfnissen der Mitarbeitenden entgegenzukommen. Auf diese Weise werden sie gefördert und motiviert, selbständig zu arbeiten.
Nachteile von situativer Führung
Die Führungskraft hat eine ständige Anpassungsleistung zu erbringen und ist dadurch stark gefordert. Außerdem muss sie in der Lage sein, den Entwicklungsgrad der Mitarbeitenden realistisch zu beurteilen, um sich danach richten zu können.
Quelle:
Becker, F., (2015). Psychologie der Mitarbeiterführung. Wirtschaftspsychologie kompakt für Führungskräfte. Wiesbaden.
Wunderer, R., (2011). Führung und Zusammenarbeit. Eine unternehmerische Führungslehre, 9. neu bearbeitete Auflage, Köln.
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